Cholesterin bei der Frau

EINLEITUNG

Die Gesamtheit der modifizierbaren Risikofaktoren, u.a. Bluthochdruck, Tabakrauchen, Diabetes sind für über 80% aller kardiovaskulärer Erkrankungen verantwortlich. Sie spielen eine besondere Rolle in der Entstehung und dem Fortschreiten der Gefäßverkalkungen in unseren Arterien (=Arteriosklerose) und beeinflussen somit das kardiovaskuläre Risiko. Man kann sagen, je eher diese Risikofaktoren erkannt und behandelt werden, desto größer ist die Risikoreduktion. Die Herausforderung in den Untersuchungen und dem Zeitpunkt ist die frühzeitige Erkennung, da in den meisten Fällen leider erst dann gehandelt wird, wenn es zu Herzinfarkt oder Schlaganfall gekommen ist.

In der westlichen Bevölkerung finden wir sehr häufig hohe Cholesterinwerte. Sie stellen einen wesentlichen modifizierbaren Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen dar, so dass mitunter extrem hohe Werte im Rahmen einer genetisch bedingten „Familiären Hypercholesterinämie“ ohne Vorliegen von weiteren, begleitenden Risikofaktoren zur höchsten Risikokategorie gehören.

 Aus dem Bereich der Herzmedizin wissen wir, dass Frauenherzen anders als Männerherzen erkranken. Es bedarf häufig einer angepassten Behandlung.

Lässt sich dies auch auf die Hypercholesterinämie übertragen?

Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen die häufigste Todesursache dar. Gemäß dem statistischen Bundesamt sind in Deutschland im Jahr 2023 ca. 350.000 Menschen an Kreislauferkrankungen gestorben, gefolgt von Krebserkrankungen mit ca. 240.000 Menschen. Damit sind die Herz-Kreislauf-Erkrankungen für rund 1/3 aller Sterbefälle verantwortlich. In der geschlechterspezifischen Auswertung zeigt sich ebenso, dass kardiovaskuläre Erkrankungen die häufigste Todesursache bei Frauen darstellen. Dabei ist die Hypercholesterinämie ein häufig missachteter Risikofaktor. Er wird bei Frauen häufig verzögert entdeckt und unzureichend behandelt. Dabei unterliegt der frauenspezifische Cholesterinstoffwechsel Besonderheiten, auf die ich in der Folge nun eingehen werde:

 Vorab sollte zum besseren Verständnis die Unterscheidungen der einzelnen Cholesterinparameter erläutert werden. Analytisch unterscheidet man grob zwischen LDL- und HDL-Cholesterin. Da Cholesterine als Fette nicht wasserlöslich sind und somit nicht im Blut „frei“ schwimmen, müssen Sie an Transporteinheiten gebunden werden. Diese Transporter sind Eiweiße, so genannte Proteine. Die Bindung von Fetten (= Lipide) an Proteine nennt man Lipoproteine. Und genau hierbei gibt es je nach Dichte der einzelnen Fettpartikel Unterschiede. Das LDL (low density = niedrige Dichte) ist häufig als das schlechte Cholesterin bekannt, da es im Zusammenhang zur Gefäßverkalkung steht. Somit beziehe ich mich im Folgenden auf das LDL-Cholesterin.

 Die Hypercholesterinämie hat einen kausalen Einfluss auf die Entstehung und Progression der Arteriosklerose. Dieser Zusammenhang ist mittlerweile unbestritten und lässt sich in einer Vielzahl an Studien wissenschaftlich belegen. Sie beeinflusst entscheidend in Ihren Folge Morbidität, also die Krankheitshäufigkeit und Mortalität, also die Sterbehäufigkeit. Gleichermaßen hat sie somit auch einen Einfluss auf die individuelle Lebensqualität. Dabei ist die Erhöhung des Risikos pro gemessenem LDL-Cholesterinwert bei Frauen und Männern grundsätzlich gleich. Allerdings steigen die Cholesterinwerte bei Männern ca. 10 Jahr früher an, während bei Frauen die Werte häufig nach der Menopause deutlich ansteigen und über die Zeit höhere Werte entwickeln als bei Männern. Die Herzinfarktrate nimmt bei Frauen in der 6 und 7. Lebensdekade deutlich zu.

Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits im Jugendalter bis zum jungen Erwachsenenalter das LDL-Cholesterin bei Mädchen höher liegt als bei Männern. Junge erwachsene Frauen haben im Vergleich zu Männern dann aber wieder insgesamt niedrigere Konzentrationen. Zwischen dem 35. und 59. Lebensjahr steigen die Werte dann aber wieder um ca. 40% an. Durch die Reduktion von Östrogen in der Menopause kommt es wieder zu einem deutlichen Anstieg von u.a. LDL-Cholesterin. Sie sind im Geschlechtervergleich bedeutend und durchgehend höher. Neben der postmenopausalen Erhöhung von LDL-Cholesterin führt der Östrogenmangel begleitend zu einer Zunahme von organischem Fett (so genanntes viszerales Fett), Blutdruckerhöhung, Body-Mass-Index und einer Abnahme der Insulinwirkung, die wiederum das Risiko für einen Diabetes erhöht. In der Summe führt dies zu einer deutlichen Gesamterhöhung des kardiovaskulären Risikos.

Lipoprotein (a)

 Neben dem LDL-Cholesterinanstieg wissen wir um die begleitende Erhöhung des Lipoprotein(a). Das Lip (a) ist ähnlich dem LDL-C assoziiert mit der Förderung von Arteriosklerose, allerdings weitgehend genetisch vorgegeben und weniger schwankend, so dass grundsätzlich eine Messung im Leben ausreicht. Da wir allerdings den erwähnten Zusammenhang zur Menopause kennen, sollte eine weitere Messung bei der Frau nach dem 50. Lebensjahr erfolgen.

Familiäre Hypercholesterinämie

 Von diesem natürlichen Verlauf sollte eine besondere Form der Hypercholesterinämie unterschieden werden: Die „Familiäre Hypercholesterinämie“. Eine der häufigsten genetischen Erkrankungen, die das kardiovaskuläre Risiko um ein Vielfaches erhöht angesichts eines frühzeitigen Beginns der Arteriosklerose. In dem Zusammenhang ist wichtig zu nennen, dass die Höhe des Cholesterins und die Dauer der Exposition eine große und entscheidende Rolle spielt für die arteriosklerosebedingten Veränderungen und Gefäßkomplikationen. Diese „Cholesterinjahre“ sind zu vergleichen mit den „pack-years“ der Raucher (Anzahl der Zigarettenpackungen pro Jahr). Je früher somit erhöhte Cholesterinwerte auftreten und über die Jahre bestehen, desto höher ist der kumulative Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko.

Zusammenfassung und Fazit:

  • Häufigste Todesursache bei Frauen sind kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Herzinfarktsterblichkeit steigt mit der 7. Lebensdekade
  • Die Hypercholesterinämie steht als modifizierbarer Risikofaktor in einem Zusammenhang zu kardiovaskulären Erkrankungen (Morbidität) bzw. Sterblichkeit (Mortalität)
  • Es gibt geschlechterspezifische Unterschiede im Cholesterinstoffwechsel. Dabei ist die Belastung durch Cholesterin bei Frauen im Rahmen der genetisch bedingten „Familiären Hypercholesterinämie“ höher als bei Männern
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