Synkope

01 | Einleitung

Bei Synkopen handelt es sich um Ereignisse mit einem plötzlichen, vorübergehenden Verlust des Bewusstseins und der Muskelspannung. Häufig kommt es in der unmittelbaren Folge zu teils folgenschweren Stürzen mit Verletzungsfolge. Aufgrund einer kurzen Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff kommt es zum Bewusstseinsverlust mit rascher, spontaner Erholung. In manchen Fällen kommt es sogar zu einem Einnässen und Muskelzuckungen, allerdings zeitlich betrachtet erst nach dem Bewusstseinsverlust, was häufig als Krampfanfall (fehl-)gedeutet wird. Im Unterschied zu einem zerebralen Krampfanfall sind die Betroffenen anschließend nach Wiedererlangung des Bewusstseins vollständig aufgeklart.

Synkopen sind in der Herz-Kreislaufmedizin nicht selten auftretende Ereignisse, die einer besonderen medizinischen Begutachtung bedürfen, da die „Art“ der Synkope entscheidend ist für die weitere Diagnostik (und natürlich Therapie), so dass es einer ausführlichen und detaillierten Beschreibung des Ereignisses bedarf, sowohl von Seiten des Betroffenen, als auch der am Geschehen beteiligten Personen, die nicht selten wertvolle Informationen zum Ereignis beisteuern können.

Es existieren verschiedene Ursachen / Mechanismen. Je nach Ursache kann es zu erneuten Synkopen kommen. Daher ist es von großer Wichtigkeit, die vermeintliche Ursache zu erkennen.

Allen gemeinsam ist eine kurze Zeit der zerebralen Unterversorgung mit Sauerstoff.

Nicht selten wird von Angehörigen medizinisches Fachpersonal über den Notruf angefordert. Bei Eintreffen des Rettungsdienstes / Notarztes ist das Bewusstsein im Falle einer wahren Synkope wiederhergestellt, so dass es teilweise sehr schwierig ist, die direkte zugrunde liegende Ursache zu erfassen. Häufig erfolgt dann vor Ort des Geschehens eine Basisdiagnostik (u.a. EKG, Blutdruckmessung, Messung des Blutzuckers, neurologische Beurteilung). Lässt sich die Ursache nicht klären, erfolgt in der Regel die erweiterte Diagnostik im Krankenhaus oder ambulant beim Facharzt.

02 | Welche Arten der Synkopen gibt es?

Häufige Ursachen für Synkopen vor allem bei jungen und älteren Menschen sind so genannte orthostatische Synkopen. Während des Aufstehens kommt es zu einem bedeutenden Blutdruckabfall mit der Folge einer verminderten Sauerstoffversorgung des Gehirns. Auslöser hierfür sind u.a. neurologische Erkrankungen (z.B. Morbus Pakrinson, Diabetes mellitus), aber auch nicht neurogene Ursachen (z.B. Medikamente oder ein Flüssigkeitsmangel) können vorliegen. Orthostatische Synkopen sind daher nicht grundsätzlich als bösartig einzustufen. Zur Verhinderung einer erneuten orthostatischen Synkope sollte die zugrunde liegende Ursache erkannt und behandelt werden. Es folgen in der Regel nicht medikamentöse Maßnahmen.

Refelexsynkopen haben in der Regel einen direkten Auslöser, wonach weiter differenziert wird. Die häufigste Form der Reflexsynkope ist die so genannte „neurokardiogene“ Synkope. Über eine überschießende Reaktion des Reflexbogens des unwillkürlichen Nervensystems kommt es zu einer Weitstellung der Gefäße mit folglichem Blutdruckabfall. Es betrifft überwiegend junge, gesunde Menschen, die aufgrund von Angst, Schmerz oder langem Stehen plötzlich synkopieren. Aber auch situative Synkopen im Rahmen von u.a. Stuhlgang, Husten, Niesen gehören zu den Reflexsynkopen. Sie gehen mit einem erhöhten Sturz- und Verletzungsrisiko einher, da sehr häufig zu einem direkten Bewusstseinsverlust ohne vorherige „Ankündigung“ kommt.

Aus therapeutischer Sicht sollten die zugrundeliegenden Auslöser erkannt, besprochen und schließlich gemieden werden. Medikamente sollten ggf. umgestellt oder abgesetzt werden, natürlich nach ärztlicher Rücksprache. Es sollte auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden und mögliche vorher einsetzende Vorzeichen oder Frühsymptome sollten erkannt werden (z.B. Schwindel, Blässe, Übelkeit), so dass Gegenmaßnahmen erfolgen können.

Von den genannten Synkopen sollte allerdings eine weitere wichtige Form der Synkope abgegrenzt werden. Die kardiale Synkope. Da diese mit einem erhöhten Herztodrisiko einhergehen, erfordert es ein besonderes umsichtiges Vorgehen. Die Ursachen der kardialen Synkopen liegen, wie der Name es bereits sagt, sehr häufig in strukturellen oder rhythmologischen Veränderungen am Herzen.

Sehr langsame (bradykarde) oder auch sehr schnelle (tachykarde) Herzrhythmusstörungen können zugrunde liegen, wie auch Erkrankungen von Herzmuskel und/oder Herzklappen. Lungemembolien, Aortendissektionen zum Beispiel sind Ursachen, die zwar primär nicht das Herz betreffen, aber in der Regel die Herzleistung maßgeblich beeinflussen können und daher ebenfalls mit hohem Risiko für einen Herztod einhergehen. Über eine Verminderung des Herzzeitvolumens (Menge an Blut, welches das Herz pro Zeiteinheit auswirft) resultiert die Unterversorgung des Gehirns mit der Folge eines Bewusstseinsverlustes.

Bei kardialen Synkopen richtet sich die Therapie nach der bestehenden Ursache, um das Risiko erneute Synkopen zu minimieren bzw. diese schließlich zu verhindern. Es bleibt insbesondere bei Herzrhythmusstörungen eine diagnostische Herausforderung, da sich diese meist nicht direkt nachweisen lassen. Dennoch ist es von großer Wichtigkeit eine solche im Zweifelsfall aufzuspüren, da unter Umständen eine Herzschrittmacherimplantation vor weiteren Synkopen schützt. Neben Langzeit-EKG´s über mehrere Tage haben sich so genannte Ereignisrecoder („Loop-oder Event-Rekorder) etabliert. Dabei handelt es sich um kleine externe Geräte, die im Falle von spürbaren Herzrhythmusstörungen den Herzschlag aufzeichnen können. Das setzt aber voraus, dass eine Abnormität des Herzschlages im Vorfeld auch wahrgenommen wird. Eine andere Art des Ereignisrekorders ist ein implantierbarer Loop-Recorder (ILR). Über einen kleinen Hautschnitt unter lokaler Betäubung wird das Gerät von der Größe eines USB-Sticks in das Unterhautfettgewebe am Brustkorb eingebracht. Nach Implantation kann das Gerät entsprechend der Programmierung über mehrere Jahre EKG-Ereignisse aufzeichnen. Das Auslesen des Gerätes erfolgt beim behandelnden Kardiologen.

Ein implantierbarer Loop-Recorder wird dann eingesetzt, wenn es einen hochgradigen Verdacht auf eine rhythmogene Ursache gibt. Zum Ende des Beitrages habe ich noch ein Patientenbeispiel für die Ursache einer kardialen Synkope beigefügt.

Somit: Synkopen sind ein häufig auftretendes Problem. In den allermeisten Fällen aber sind sie gutartig und harmlos und betreffen gesunde Menschen (Reflexsynkopen, situative Synkopen).

Synkopen gehen per Definition IMMER mit einem Bewusstseinsverlust einher. Diese sind daher von einem Kollaps oder so genannten Präsynkopen abzugrenzen.

Die Lebenserwartung bei Menschen mit Reflexsynkopen ist normal. Das Rezidivrisiko, also die Wahrscheinlichkeit für eine erneute Synkope innerhalb von 3 Jahren nach einer Synkope liegt bei ca. 30%. Man kann sagen, je mehr Synkopen auftreten, desto wahrscheinlicher ist ein Rezidiv.

Von den meist prognostisch gutartigen Synkopen sind die kardialen Synkopen abzugrenzen, da sie mit einem erhöhten Herztod einhergehen. Somit sollte IMMER eine erweiterte Diagnostik erfolgen, wenn der dringende Verdacht einer kardialen Synkope besteht. Häufig haben Menschen mit kardialer Synkope begleitende Herz-Gefäß-Erkrankungen, so dass in diesem Rahmen per se eine erhöhte Gesamtsterblichkeit besteht. Daher sollten gerade diese begleitenden kardiovaskulären Erkrankungen mitbehandelt werden.

Ein kurzer Absatz zum Thema Fahrtauglichkeit, zu der ich als Kardiologe auch immer wieder befragt werde: Hierbei muss zwischen „Privatfahrer“ und „Berufsfahrer“ unterschieden werden.

Bei erstmaligen Synkopen besteht bei Privatfahrern keine Einschränkung. Eine Fahruntauglichkeit ergibt sich allerdings bei erneuter Synkope für mindestens 6 Monate (Einzelfallentscheidung). Sollte sich eine Herzrhythmusstörung als Ursache herausstellen und eine Herzschrittmacherimplantation folgen, so besteht meist eine Fahruntauglichkeit für 1 Woche.

Anders verhält es sich bei Berufskraftfahrern, bei denen meist eine anhaltende Fahruntauglichkeit besteht im Falle von wiederkehrenden Synkopen.

03 | Zum Schluss nun das Patientenbeispiel:

Es kam bei einem 78-jährigem Mann zu wiederholten Synkopen. Eine kardiale Ursache konnte angesichts einer bestehenden koronaren Herzerkrankung (Durchblutungsstörungen des Herzens) nicht ausgeschlossen werden. Zudem sprach die Anamnese (Beschreibung des Ereignisses aus Sicht des Patienten) für eine mögliche rhythmische Ursache.

 

Somit besprachen wir die Möglichkeit über die Aufzeichnung des Herzschlages-/-rhythmus mit einen implantierbaren Loop-Recorder (siehe oben). Die Voraussetzung allerdings für das Aufzeichnen eines Rhythmusereignisses ist eine erneute Synkope, die sich in seinem Fall nach wenigen Tagen auch tatsächlich wieder ereignete. Das Schaubild zeigt die Aufzeichnung des Herzrhythmus. Was ist nun zu sehen? Zu Beginn sieht man noch einen normalen Herzschlag, definiert durch die EKG-Zacken (blaue Pfeile).

Nach der 5. EKG Zacke (rot eingekreist) folgt eine Nulllinie, also kein Herzschlag mehr über mehrere Sekunden (so genannte Asystolie, roter Pfeil). In der Folge kommt es nun zu einer Bewusstlosigkeit aufgrund des fehlenden Herzschlages, der aber wieder einsetzt, so dass der Patient anschließend wieder zu Bewusstsein kam.

Die sich daraus ergebende therapeutische Folge ist die Herzschrittmacherimplantation, die somit ein erneutes Ausbleiben des Herzschlages verhindert. Eine erneute Synkope aus diesen Gründen ist somit ausgeschlossen.

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