Arteriosklerose – Bedeutung der Diagnose für zielgerichtete Behandlung

01 | Der Carotis-Ultraschall

Kardiovaskuläre Risikofaktoren wie z.B. Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zuckererkrankung, Rauchen begünstigen die Entstehung und das Fortschreiten der Arteriosklerose und erhöhen somit auch das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis wie z.B. Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Die koronare Herzerkrankung z.B. ist die Manifestation der Arteriosklerose an den Herzkranzgefäßen, die wiederum die häufigste Komplikation für Morbidität und Mortalität weltweit darstellt.

Eine weitere Region der arteriosklerotischen Gefäßmanifestation ist die Halsschlagader, Karotis. Mit zunehmendem Grad der Verkalkung steigt das Risiko einer Verstopfung (=Karotisstenose).

Man schätzt, dass der Anteil der Menschen in der Bevölkerung mit einer Karotisstenose > 50% bei ca. 4,2% liegt. Und das mit steigender Tendenz im Lebensalter. Der Schlaganfall ist als Komplikation einer Karotisstenose zu sehen, und somit ein Ereignis, dass potentiell tödlich verlaufen kann und somit zu verhindern gilt. Ca. 15% aller in Deutschland vorkommenden Schlaganfälle lassen sich auf eine Karotisstenose > 50% zurückführen. Untersuchungen haben dabei ergeben, dass vor allem das männliche Geschlecht, Rauchen, Lebensalter und eine vorherige Gefäßerkrankung (z.B. Koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Verschlusskrankheit) bedeutend mit einer > 50%igen Stenose assoziiert sind.

Somit ist die Erkennung von Arteriosklerose bzw. einer Stenose der Karotiden von großer prognostischer Bedeutung.

Die Verwendung von bildgebenden Verfahren, allen voran die Ultraschalldiagnostik, ist seit vielen Jahren fest verankert in der präventiven Diagnostik.

Mit Hilfe des Gefäßultraschalles lassen sich nicht nur Strömungsverhältnisse in den Gefäßen messen, sondern es gelingt mit hoher Genauigkeit, bereits frühmanifestierte (arteriosklerotische) Veränderungen des Gefäßbettes zu erkennen UND es ermöglicht eine Beurteilung der sogenannten Plaquemorphologie (Zusammensetzung des Plaques). Diese ist unabdingbar in der Beurteilung eines erhöhten Embolierisikos.

02 | Warum ist die Detektion von „Plaques“ wichtig?

Nicht allein die Verengung eines Blutgefäßes (Stenose) scheint relevant in der Bedeutung eines akuten Gefäßgeschehens wie z.B. der Herzinfarkt, sondern die Erkenntnis einer gefährlichen Plaque, welches mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Zerreißung (sog. Ruptur) einhergeht und damit katastrophale Komplikationen bedingen kann.

Daher ist die Ultraschallsonographie die wichtigste apparative Maßnahme zur Erfassung und Graduierung der Arteriosklerose bzw. Karotisstenose und wird in der Leitlinie im Rahmen einer Stufendiagnostik als primäres bildgebendes Verfahren favorisiert. Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomogaphie (MRT) spielen daher eine ergänzende Rolle für spezielle Fragestellungen.

03 | Symptomatisch oder asymptomatisch?

Zur Beurteilung der Relevanz der Stenose bzw. für das weitere Prozedere in der Behandlung einer Karotisstenose ist wichtig zu unterscheiden, ob die Stenose bereits mit ihr assoziierte Symptome erzeugt. Dabei ist die ausführliche Anamnese bzw. Untersuchung der erste wesentliche Schritt. Eine Karotisstenose wird dann als „symptomatisch“ gewertet, wenn in den letzten 6 Monaten ein Schlaganfall oder neurologische Ausfallerscheinungen der gleichen Seite aufgetreten sind (Transitorisch ischämische Attacke = TIA) oder sich plötzliche Sehverluste des Auges ereignen.

Alle anderen in diesem Zusammenhang auftretenden Symptome werden als „nicht Stenose-assoziierte Symptome“ bewertet.

04 | Warum ist die Unterscheidung wichtig?

Davon abhängig ist das weitere Vorgehen. Neben der medikamentösen Therapie als Basisbehandlung kommen weitere Therapiemöglichkeiten in Betracht, die aber individuell nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt werden müssen. In erster Linie geht es darum, das mechanische Hindernis, also die Stenose, zu beseitigen. Dies kann auf zwei verschiedenen Wegen passieren:

  • Operativ (Carotis-Endarteriektomie = CEA): Dabei wird das Innere der betroffenen Arterie „ausgeschält“ und die Bestandteile der Stenose beseitigt
  • Stenting (Carotis-Stenting = CAS). Ähnlich bei einer Herzkatheteruntersuchung wird die Stenose mit Ballon aufgedehnt und mit einem Stent versorgt.

05 | Wann erfolgt die OP bzw. das Stenting und wann nicht?

Bei symptomatischen Stenosen besteht die klare Empfehlung einer baldigen operativen Sanierung (2-14 Tage nach dem Ereignis), wobei ein Stenting durchaus auch erwogen werden kann. Abhängig davon sind zum Beispiel begleitende Erkrankung, die das OP-Risiko erhöhen. Dies muss aber im Einzelfall konkret entschieden werden.

Bei asymptomatischen Stenosen besteht dagegen keine direkte Empfehlung der operativen Sanierung. Aufgrund der zunehmend verbesserten, optimierten medikamentös-konservativen Therapiestrategien ist das Risiko eines Schlaganfalls bei Stenosen > 50% mittlerweile auf < 1% / Jahr gesunken. Die Notwendigkeit zur operativen Behandlung bzw. zum Stenting der Stenose muss allerdings anhand individueller Kriterien getroffen werden.

Im Hinblick auf die medikamentöse Therapie kommt der Thrombozytenfunktionshemmung mit ASS eine wichtige Bedeutung zu. Zum anderen wird die Behandlung mit einem Statin empfohlen, welches über seine unterschiedlichen Effekte u.a. den entzündlichen Prozess an der Gefäßwand durch die Arteriosklerose begünstigen und insgesamt die Cholesterinlast im Blut reduzieren soll.

Der Nachweis von Atherosklerose geht einher mit einem sehr hohen Risiko, in den nächsten 10 Jahren ein tödliches Ereignis zu erleiden. Damit verknüpft sind weitere Therapieziele wie z.B. eine Senkung des Cholesterinlevels (LDL), deren kausale Rolle in der Entwicklung und Förderung der Arteriosklerose mittlerweile unbestritten ist.

In diesem Zusammenhang ist es von großer Bedeutung, dass die zur Ausbildung der Arteriosklerose verursachenden Faktoren gefunden werden. Symptome für eine zugrundeliegende Gefäßerkrankung, die mit jedem weiteren Risikofaktor fortschreitet gibt es nicht. Ereignisse wie der Schlaganfall oder der Herzinfarkt sind die klinischen Zeichen der Gefäßmanifestation, somit der Grunderkrankung der „arteriellen Gefäßerkrankung“.

Denn das Grundproblem ist nicht die Stenose, sondern die Faktoren, die zur Arteriosklerose und damit zur Stenose geführt haben. Die Reduktion der Risikofaktoren bremst die Arteriosklerose und reduziert damit das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments