Kardiovaskuläre Prävention

01 | Einleitung

Bei der kardiovaskulären Prävention geht es ähnlich wie in anderen Fachdisziplinen um die Vorbeugung von Herzkreislauferkrankungen. Dabei fließen verschiedene diagnostische Aspekte in die individuelle Bestimmung des Herz-Kreislauf Risikos ein, die darauf abzielen die Auswirkungen von kardiovaskulären Erkrankungen zu reduzieren. Dabei stehen die typischen kardiovaskulären Risikofaktoren Dyslipidämie (Fettstoffwechselstörung), arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus (Zuckererkrankung), körperliche Inaktivität, Rauchen und ungesunde Ernährung im Vordergrund.

Die Folgen kardiovaskulärer Erkrankungen haben eine große Bedeutung, da sie weltweit nach wie vor führende Ursachen für den vorzeitigen Tod sowohl bei Männern als auch bei Frauen sind. Dabei ist die Sterblichkeit an koronare Herzerkrankung in den letzten Jahren durch unterschiedliche Maßnahmen und Verbesserungen zurückgegangen. Demgegenüber steht allerdings ein Anstieg von Übergewicht und Zuckererkrankung. Diesen erkennbaren Veränderungen besteht allerdings auch Häufig ein Problem in der Umsetzung von kardiovaskulären präventiven Maßnahmen.

Pathophysiologische Grundlage für kardiovaskuläre Erkrankungen bzw. Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall ist die Arteriosklerose. Die Arteriosklerose bildet Gefäßveränderungen in Form von plaqueartigen Ablagerungen ab basierend auf den kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Zuckererkrankung und Rauchen. Dabei gibt es evidente kausale Zusammenhänge zwischen kardiovaskulären Risikofaktoren, Entstehung und Progression der Arteriosklerose, das damit einhergehende erhöhte Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen und Ereignisse mit dem daraus resultierenden erhöhten Risiko für den vorzeitigen kardiovaskulären Tod.

Für die Einschätzung des individuellen kardiovaskulären Risikos liegen unterschiedliche rechen Systeme vor. Die sogenannte “Systemic Coronary Risk Estimation (Score)” wird empfohlen zur Einschätzung des Risikos auf Grundlage von Gesamtcholesterin, Alter, Geschlecht, Raucherstatus sowie systolischem Blutdruck (siehe Score – Karte). Allerdings werden bei jungen Leuten nicht selten das Risiko unterschätzt, sodass weiterführende diagnostische Aspekte wie Gefäß Ultraschall z. B. eine weitere große Bedeutung hat in der Risikoevaluation.

Im letzten Jahr ist die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zur Prävention von Herzkreislauferkrankungen nach 2016 herausgekommen, in der einmal mehr die individuelle Beratung neben einer ​ angepassten Risiko Kalkulation für junge und ältere Menschen in den Vordergrund rückt.

02| Risikoabschätzung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Empfohlen wird eine systematische Gesamtbewertung des Herz-Kreislauf Risikos bei allen Personen bei denen eine der wichtigsten vaskulären Risikofaktoren vorliegt (z. B. ein familiäres Risiko für vorzeitige kardiovaskuläre Erkrankungen, arterielle Hypertonie, Zuckererkrankung, erhöhte Fettwerte, Übergewicht). Eine systematische Bewertung bei Männern unter 40 und bei Frauen unter 50 Jahren wird grundsätzlich nicht empfohlen. Dies kann allerdings erwogen werden wenn spezifische Hinweise für kardiovaskuläre Erkrankungen vorliegen. Für die Risiko Evaluation erfolgt die Abschätzung des 10 Jahresrisikos bei allen gesunden Menschen unter 70 Jahren mittels SCORE2-System, sofern nicht bereits etablierte kardiovaskulärer Risikofaktoren vorliegen, die das Risiko per se als hoch bzw. sehr hoch definieren (nachgewiesene kardiovaskuläre Erkrankung, Diabetes mellitus, mittelschwere bis schwere Nierenerkrankung, genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung oder Bluthochdruck).

03| Empfehlungen für körperliche Aktivität/Bewegung

Allen Erwachsenen wird empfohlen eine wöchentliche aerobe Mindestaktivitätszeit von 150-300 Minuten (mäßig intensiv) oder 75-115 Minuten intensive Aktivität zu absolvieren. Sitzende Tätigkeiten sollten reduziert werden und leichte Aktivitäten über den Tag verteilt ausgeübt werden.

04| Empfehlung zur Ernährung und Alkohol

Mediterran geprägte Ernährung mit einem hohen Anteil an Gemüse, Salat, Rohkost (drei Handvoll am Tag) und Obst mit wenig Fruchtzucker (zwei Handvoll am Tag), Vermeidung von Süßigkeiten sowie Reduktion der klassischen Kohlenhydratquellen (Reis, Nudeln, Brot) zugunsten von mehr Eiweiß (Fisch, mageres Fleisch, Geflügel, magere Milchprodukte) und Bevorzugung der ein- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Olivenöl, Rapsöl, Avocados, Nüsse, Fisch).

05| Rauchen

Der Tabakkonsum steht kausal für die Entstehung und Progression von Arteriosklerose und damit verbunden ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko. Daher sollte das Rauchen von Tabak komplett eingestellt werden. Der Verzicht auf das Rauchen stellt dabei eine wirksamsten Präventionsmaßnahmen dar.

06| Dyslipidämie

Die Hypercholesterinämie ist eine Störung des Fettstoffwechsels. Kennzeichnend und wichtig in prognostischer und therapeutischer Sicht ist das LDL-Cholesterin („low-density-lipoprotein“). Cholesterin ist für den menschlichen Körper sehr wichtig. Zu viel Cholesterin allerdings gefäßschädigend. Unsere Leber produziert den größten Teil des Cholesterins, den geringeren Anteil nehmen wir über die Nahrung auf. Aktuelle genetische Studien stützen zudem die negative Bedeutung einer lebenslangen Exposition mit erhöhten LDL-C-Konzentrationen. Ab wann ein LDL-Cholesterin zu hoch ist, hängt vom individuellen Herz-Kreislauf-Risiko ab. Bei Menschen mit z.B. niedrigem Risiko sollte ein Wert von < 116mg/dl angestrebt werden. Bei Personen mit einem sehr hohen Risiko dagegen sogar < 55mg/dl. Grund hierfür ist der kausale Zusammenhang zwischen erhöhtem LDL-Cholesterin und Entstehung bzw. Progression einer Gefäßverkalkung („Arteriosklerose“). Neben dem LDL-Cholesterin gibt es das Lipoprotein (a), welches ebenfalls eine wichtige Rolle spielt in der Entstehung und Entwicklung der Arteriosklerose. Erhöhte Werte > 30 mg/dl gehen mit einem erhöhten Herz-Kreislaufrisiko einher. Metaanalysen und genetische Untersuchungen haben gezeigt, das erhöhte Spiegel mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Aortenklappenstenose korrelieren. Lip (a) Spiegel bleiben weitgehend konstant über das Alter und werden nur gering durch den Lebensstil beeinflusst. Lipidsenkende Medikamente sowie Lebensstilmaßnahmen haben keinen relevanten Effekt auf die Lipoprotein (a) Konzentration. Dennoch ist die Bestimmung wichtig zur Einschätzung des gesamten Herz-Kreislauf-Risikos.

07| Blutdruck

Wiederholte Blutdruckmessungen im häuslichen Umfeld sollen die Diagnose stützen. Grundsätzlich wird empfohlen als erstes Ziel den Blutdruck bei allen Patienten auf kleiner 140/90 mmHg zu senken. In Abhängigkeit von Alter und spezifischen Begleiterkrankung sollten genaue Blutdruckziele definiert werden. In der Behandlung empfiehlt sich für den optimalen Zielbereich Werte zwischen 120 130 mmHg systolisch sowie kleiner 80 mmHg diastolisch.

08| Diabetes mellitus

Änderung von Lebensstilmaßnahmen mit Gewichtsreduktion und Erhöhung der sportlichen Aktivität einschließlich einer Nikotinkarenz bilden die Grundlage der Therapie von Diabetikern. Ein nicht behandelter Diabetes oder gar schlecht kontrollierter/eingestellter Diabetes verursacht u.a. Gefäßkomplikationen, die wiederum das Risiko für schwerwiegende Herz-Kreislaufereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall) erhöhen. Darüber hinaus kommt es zu einer sukzessiven Verschlechterung von Organfunktionen. Das Herzinfarktrisiko steigt um 40%, wenn der HbA1c Wert auf 7 steigt; Bei Werten um 8% sogar um 80%.
Für die meisten Erwachsenen mit einem Typ I oder Typ II Diabetes wird ein HbA1c Zielwert von kleiner 7 % empfohlen.

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