Thrombose – Risiko: Reisen und übereinander geschlagene Beine

01 | Reisethrombose – Ist eine Blutverdünnung immer notwendig?

Sie stehen vor einer langdauernden Flug- oder Busreise und stellen sich die Frage, ob Sie  prophylaktischen Maßnahmen ergreifen sollten, um einer Thrombose vorzubeugen?

Nehmen wir Bezug auf die aktuelle Leitlinie (Stand 2015) so wird explizit darauf hingewiesen, dass langdauernde Flug- oder Busreisen (> 4-6 Stunden) grundsätzlich ein kaum quantifizierbares Risiko für das Auftreten einer Thrombose beinhalten und daher keine notwendigen prophylaktischen Maßnahmen zu tätigen sind. Basismaßnahmen zur Aktivierung der Muskelpumpe (z.B. Fußwippen, Stehen und Gehen sofern es die Situation erlaubt), ein ausreichender Flüssigkeitshaushalt zur Vermeidung einer Dehydrierung sind ratsam. Selbstverständlich existieren hiervon Ausnahmen. Das betrifft in Einzelfällen Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren wie z. B. hohes Lebensalter, bereits erlittene Thrombosen, chronisch venöse Erkrankungen. In diesen Fällen bedarf es einer abweichenden Einschätzung. Grundsätzlich aber bedarf es keiner zwingenden prophylaktischen physikalischen und/oder medikamentösen Maßnahmen (weder „Antithrombosespritze“, noch ASS).

Das Tragen eines Kompressionsstrumpfes kann das Schweregefühl und die Schwellneigung der Beine reduzieren. Einen Einfluss auf die Verhinderung einer Thrombose allerdings hat diese Maßnahme nicht. Das heißt, dass zum Beispiel Patienten mit einer chronisch venösen Insuffizienz vom Tragen der Kompressionsstrümpfe aus symptomatischer Sicht profitieren können.

02 | Krampfadern (Varikosis) – Besteht ein erhöhtes Risiko für Thrombosen?

Krampfadern beschreiben das äußerliche Bild einen Venenleidens, bei dem es über einen Funktionsverlust der Venenklappen zu einem Rückstau kommt, in deren Folge sich das Blut u.a. in den oberflächlichen Venen staut und sich diese in ihrer stärksten Ausprägung wulstig, sackartig verformen. Allerdings gibt es unterschiedliche Ausprägungen dieses Venenleidens.

Die leichteste Form bilden kleine oberflächliche Venenzeichnungen, Besenreiser, die in der Regel keine Beschwerden verursachen und nicht gefährlich sind. Dennoch zeigen sie an, dass eine Neigung zur Venenschwäche besteht und sich zukünftig auch größere Krampfadern ausbilden können. Die Therapienotwendigkeit richtet sich nach der Ausbildung der Krampfadern. Wenn große, kräftige Krampfadern unbehandelt bleiben, können diese zu weitreichenden Hautschäden bis hin zu offenen Beinen mit Geschwüren führen. Gleichzeitig steigt das Risiko für die Bildung einer Thrombose. Je nach Ausprägung und Ausdehnung der Thrombose können weitere Komplikationen entstehen zum Beispiel dann, wenn sich ein Teil der Thrombose löst, mit dem Blutstrom schwimmt (Embolie) und wichtige Gefäße verstopft (Lungenembolie). Eine im Jahr 2018 veröffentlichte Studie aus Taiwan untersuchte retrospektiv das Risiko für das Auftreten einer Thrombose bei Varikosis. Hiernach war das Krampfaderleiden mit einem 5fach erhöhten Thrombose-Risiko assoziiert. Diese Untersuchungen stützen die Ergebnisse einer Heidelberger Studie aus dem Jahre 2012, in denen ebenfalls das Erkrankungsrisiko einer Thrombose mit der Varikosis vergesellschaftet war.

03 | Übereinandergeschlagene Beine –  Erhöhtes Risiko für Thrombose und Krampfadern?

Einen wissenschaftlichen Beweis für das erhöhte Risiko für die Entstehung einer Thrombose bzw. die Ausbildung von Krampfadern gibt es nicht, wenngleich mehrere medizinische Fachdisziplinen der Meinung sind, dass das übereinanderschlagen der Beine gesundheitlich nicht förderlich ist.

Dennoch lässt sich durchaus ein kausaler Zusammenhang zur Thrombose herstellen, wenn wir die ursächlichen Faktoren der Entstehung einer Thrombose nach den grundlegenden weiterhin gültigen Erkenntnissen des deutschen Pathologen Rudolf Virchow im 19. Jahrhundert zugrunde legen („Virchow-Trias“). Demnach erhöht sich u.a. das Risiko von Gerinnselbildung, wenn Blut in bestimmten Gefäßbereichen oder Situationen nicht gleichmäßig und in der normalen Geschwindigkeit fließt. Darüber hinaus begünstigen Gefäßwandschäden die Bildung von Mikrothromben. Mit übereinandergeschlagenen Beinen kann es somit zu einer Kompression der Venenanteile in der Kniekehlen kommen, der Druck auf knöcherne Strukturen (Knie) kann zu inneren Gefäßschäden führen und der Druck in die unteren Venensegment wird erhöht. Die Fließeigenschaften des Blutes sind somit geringer.

Dennoch: Ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und die Entstehung von Krampfadern konnten bislang in keinen medizinisch wissenschaftlichen Kontext gebracht werden. Das Krampfaderleiden ist vielfach eine Frage der Genetik.

04 | Sind Thrombosen oberflächlicher Venen weniger gefährlich?

Das Venensystem besteht aus oberflächlichen Venen, die unmittelbar unter der Haut liegen und zum Teil gut sichtbar sind. Es gibt aber auch Venen, die zwar zum oberflächlichen System gehören, aber nicht sichtbar sind, wie zum Beispiel die große Stammvene (Vena saphena magna). Die tiefen Venen verlaufen so tief, dass sie nicht sichtbar sind und das Blut von den oberflächlichen Venen erhalten, um dieses dann zum Herzen und Lunge zu transportieren. Darüber hinaus gibt es kleine Venen, die das oberflächliche Venensystem mit den tiefen Beinvenen verbindet (Perforansvenen).

Grundsätzlich ist keine Thrombose ungefährlich. Die Gefahr jeder Thrombose ist das langsame Wachstum, wenn diese unbemerkt und unbehandelt bleibt. Thrombosen der oberflächlichen Venen, oft immer noch als Phlebitis oder Thrombophlebitis bezeichnet, sind in der Regel gut behandelbar und heilen komplett aus ohne weitere Folgen. Allerdings können so unbehandelt in das tiefe Venensystem hineinwachsen und somit das Risiko für die gefürchtete Komplikation der (Lungen-) Embolie verursachen. Wichtig in diesem Zusammenhang erscheint die Notwendigkeit einer Abklärung für die Thrombose. Nicht selten werden die oberflächlichen Thrombosen noch als „Venenentzündungen“ benannt. Hier handelt es sich allerdings nicht um eine infektiöse Entzündung. Durch den Prozess der Thrombose kommt es zu einer lokalen Entzündung durch die Reizung der Gefäßwand. Der Begriff ist daher etwas irreführend und gilt als überholt.

 

05 | Können Thrombosen vererbt werden?

Die Thrombose beschreibt zunächst eine Gefäßerkrankung, bei der sich aufgrund unterschiedlicher Gründe ein Blutgerinnsel in einem Blutgefäß gebildet hat. Somit ist die Thrombose per se nicht vererbbar. Gemäß den Erkenntnissen des deutschen Pathologen Rudolf Virchow wissen wir, dass die u.a. die Blutzusammensetzung eine wichtige Komponente ist für die Gerinnbarkeit des Blutes. Hierfür spielen neben zellulären Bestandteilen des Blutes wie zum Beispiel Blutplättchen auch Gerinnungsfaktoren eine wichtige Rolle. Die erhöhte Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln infolge veränderter Eigenschaften wird als „Thrombophilie“ bezeichnet. Diese kann „erworben“ sein oder „angeboren“. Menschen mit einer Thrombophilie haben somit eine Neigung zur schnelleren Blutgerinnung und somit ein erhöhtes Risiko für eine Thrombose. Bei einer angeborenen Thrombophilie reden wir auch von einer genetisch bedingten Blutgerinnungsneigung infolge eines veränderten Gens. Der häufigste angeborene thrombophile Risikofaktor ist die Faktor – V – Leiden – Mutation  (Veränderung des Gerinnungsfaktors V), benannt nach dem Ort der Entdeckung im niederländischen Leiden. Je nach Art der Vererbung besteht ein Risiko für die Ausbildung einer Thrombose um das 5-10fache (heterozygot) bzw. um das 50-100fache (homozygot).

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