Mitralklappeninsuffizienz

Die Mitralklappeninsuffizienz trennt den linken Vorhof von der linken Hauptkammer. Das sauerstoffreiche Blut gelangt aus der Lunge in den linken Vorhof. Von dort über die Mitralklappeninsuffizienz in die linke Herzkammer, wo es über die Aortenklappe in den großen Körperkreislauf gepumpt wird.

Die häufigste Ursache für eine Mitralklappeninsuffizienz ist der „Mitralklappenprolaps“. Es handelt sich um eine degenerative Veränderung der Klappensegel. Dabei wölben sich die Segel, während der Schließphase zu weit in den Vorhof, was zur Folge hat, dass ein Teil des Blutes zurückfließt, entgegen der eigentlichen Fließrichtung in den linken Vorhof. Was bedeutet das nun?

Die Menge des Blutes im linken Vorhof erhöht sich um den Anteil, der zurückfließt. Es kommt somit zu einer Volumenbelastung. Da sich auch der Druck in dem Teil des Herzens erhöht, resultiert daraus auch eine Druckbelastung mit der Folge, dass sich das Blut weiter zurück in die Lungengefäße staut. Es kommt zu einer reaktiven Veränderung in der Lunge mit Ausbildung eines Lungenhochdrucks, der wiederum negative Auswirkungen auf die rechten Herzhöhen hat, die der Lunge vorgeschaltet sind.

In der Summe führt die Volumen- und Druckbelastung zu einer strukturellen Veränderung der Herzräume mit der Folge einer Vergrößerung des gesamten Herzens. Folge dieser Veränderungen bewirken eine körperliche Leistungsminderung mit einsetzender Atemnot. In besonders schweren Fällen kann sich Wasser in der Lunge bilden (Lungenödem) mit der Folge einer Zunahme der Luftnot mit Hustenattacken.

Neben den degenerativen Veränderungen der Segel kann es aufgrund von strukturellen Veränderungen des Klappenapparates zu einer „sekundären“ Undichtigkeiten kommen. Das bedeutet, dass die Segel der Klappe intakt sind, aber die Funktion leidet. Die beiden Segel der Mitralklappe befinden sich in einem Art Ring, der wiederum am Herzmuskel hängt. Wenn es infolge einer Herzschwäche zum Beispiel zu einer Weitung des Ringes kommt, führt dies zwangsläufig zu einem Zug an den Segeln, so dass darüber eine Insuffizienz entsteht. Vergleichbar mit dem Rahmen einer Schwingtüre. Wird der Rahmen geweitet, treffen sich die Schwingtüren nicht mehr mittig und es entsteht eine Lücke.

Neben der körperlichen Untersuchung kommt der Ultraschalluntersuchung des Herzens eine große Bedeutung zu in der Diagnose und Schweregradbeurteilung einer Mitralklappeninsuffizienz. Häufig folgt eine ergänzende spezielle Ultraschalluntersuchung – die transösophageale Echokardiographie – bei der über eine Ultraschallsonde von der Speiseröhre aus die Herzklappe beurteilt werden kann. Diese Untersuchung erfolgt in der Regel in einer Kurznarkose.

Die Therapie der Klappe richtet sich zum einen nach dem Schweregrad und natürlich nach der zugrunde liegenden Ursache, ob primär oder sekundär. Eine medikamentöse Therapie zur „Reparatur“ der Klappe gibt es nicht, da es einen strukturellen-mechanischen Defekt darstellt. Nicht jede Mitralklappeninsuffizienz bedarf einer direkten Therapie. Die meisten Undichtigkeiten sind gering ausgeprägt, so dass in solchen Fällen regelmäßige Ultraschallkontrollen zur Verlaufsbeobachtung erfolgen sollten, um frühzeitige Therapieänderungen/-Entscheidungen zu treffen.

Im Falle einer zunehmenden Klappenundichtigkeit, verbunden mit Symptomen und nachweisbaren strukturellen Veränderungen am Herzen kommen unterschiedliche Therapieverfahren in Frage:

Bei primärer Insuffizienz kommen operative Eingriffe zur Anwendung, in denen die Klappe „rekonstruiert“ wird. Das bedeutet, dass die eigene Herzklappe bleibt; Diese aber durch spezielle operative Techniken „modelliert/repariert“ wird. Ist die Klappe allerdings strukturell so zerstört, dass keine Rekonstruktion mehr möglich ist, so wird diese durch eine organische oder mechanische Kunstklappe ersetzt.

Ähnlich den therapeutischen Optionen bei der Aortenklappe besteht aber auch die Möglichkeit, die Mitralklappe bei Menschen mit hohem Operationsrisiko schonender durch Katheter zu behandeln. Das Mitral-Clipping. Dabei wird eine Art Clip („Wäscheklammerprinzip“) über einen Katheter per Leistenvene zum Herzen geführt und dort die Undichtigkeit durch Setzen eines Clips an der Klappe reduziert. Eine Herz-Lungen-Maschine wird nicht benötigt. Ebenso wenig erfolgt eine chirurgische Öffnung des Brustraumes. Dennoch ist das Clipping keine direkte Alternative zur Rekonstruktion und ist weiterhin den Menschen vorbehalten, die zum einen ein hohes Operationsrisiko haben und zum anderen für das Verfahren entsprechend der anatomisch-strukturellen Voraussetzungen in Frage kommen.

Mitralklappeninsuffizienzen, die bereits zu strukturellen Veränderungen am Herzen geführt haben (Dilatation/Weitung des Vorhofes durch die Volumen-Druckbelastung), führen nicht selten zu der Komplikation des Vorhofflimmerns. Eine Rhythmusstörung, die zu einem unregelmäßigen und nicht selten auch schnellen (Tachykardie) Pulsschlag führt und die Pumpleistung des Herzens verringert kann. Infolge einer fehlenden Kontraktion des Vorhofes (Flimmern des Vorhofes) kommt es zu einer Verlangsamung des Blutflusses, welches wiederum das Risiko für die Entstehung von Gerinnseln im Herzen und damit das Schlaganfallrisiko erhöht.

Aber auch unabhängig vom Vorliegen einer Mitralklappeninsuffizienz sollte ein unregelmäßiger (und schneller) Pulsschlag unbedingt ärztlich abgeklärt werden.

Kurz und knapp: Die Mitralklappeninsuffizienz ist, neben der Aortenklappenstenose, der zweithäufigste Herzklappenfehler. Häufig liegen degenerative Veränderungen an der Klappe vor (primär), die zu einem Schließdefekt führen mit der Folge eines Blutrückstromes in den linken Vorhof. Bei der sekundären Form kommt es zu Veränderungen der Geometrie des Klappenapparates infolge struktureller Veränderungen der linken Herzkammer (z.B. Kardiomyopathie). Dabei ist die Mitralklappeninsuffizienz selbst intakt. Beide Formen führen wiederum zu einer Belastung der Herzräume mit der Folge von weiteren, progressiven strukturellen Veränderungen am Herzen. Atemnot (Dyspnoe), Einlagerung von Wasser in Gewebe (Lungen, Beine) sind zentrale Symptome einer bedeutsamen Mitralklappeninsuffizienz. Aber auch Rhythmusstörungen (z.B. Vorhofflimmern), Leistungsminderung, nächtlicher Husten sind u.a. Symptome einer chronischen Mitralklappeninsuffizienz. 

Das Auftreten einer solchen Klappenfunktionsstörung wird in Deutschland auf ca. 1-2% geschätzt. Es steigt altersabhängig bis > 10% bei Menschen > 75 Jahre.

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